
Malen im FlowProject
Malen tut gut - Malspiel noch mehr
„Es geht nicht um Kunst, auch nicht um bloßes Können. Es geht um das Leben, und darum, für das Leben eine Sprache zu finden. Und es geht immer wieder auch um das, was nicht Kunst ist, was aber vielleicht Kunst werden kann.“
Pina Bausch
Seit den Siebzigern habe ich für mich eine bedeutende und leidenschaftliche Verbindung zur Folkwangschule. In der Tanzabteilung war der Spirit von Kurt Joos und Pina Bausch zu dieser Zeit auch für tanzende Kinder subtil zu spüren und … ließ mich als Kind aufblühen, was niemals verblühte. Das, was ich als Kind in diesen Jahren an Offenheit und Hingabe insbesondere im Fach “Elementarer Tanz“ mitgenommen hatte, hat mich über Jahrzehnte in meinem Selbstverständnis, im Zugang zu jeglicher Kunstformen und in der Verbindung zu Menschen begleitet, gelenkt und getragen.
So hat mich Folkwang bis heute nachhaltig geprägt und ist sicherlich ein wesentlicher Grund dafür, wie ich meine kunstpädagogische Arbeit im Atelier FlowProject, übertragen vom Tanz auf die Malerei, seit Jahren umsetze. Denn ich bin ein Folkwangkind geblieben und beim Malpiel im FlowProject, so wie ich es anbiete, ist es ähnlich, wie Pina es beschreibt:
Es geht hier bei der Malerei nicht um die Frage, ob es um Kunst geht oder Können, also um Werke herzustellen, die für ein Publikum ausgestellt werden oder um kulturelle Erwartungen anderer zu erfüllen oder darum, zu erlernen, besondere Techniken zu beherrschen, die wie eine akrobatische Leistung bewundert werden könnten. Die Möglichkeiten mit Pinsel und Farbe sicher und sachgerecht umzugehen, entwickelt sich im malerischen Prozess sowieso und geschehen aus der Situation und dem intrinsischen Impuls heraus - zu individuellen Zeitpunkten, nebenbei.
Das Hinterlassen von Spuren ist in jedem kulturunabhängig angelegt, so wie beim Tanz die Bewegung und die Geste. Das Potenzial ist eh da und es geht hier um das Leben, nicht als thematischer Auftrag, denn ein vorgegebenes Thema gibt es im Malpiel nicht, sondern darum, dem Leben mit Pinsel und Farbe Ausdruck und Sprache geben zu können. So kann es hier auch gar nicht wie üblich darum gehen, etwas zu produzieren, das andere anspricht, verstehen lässt oder gar gefallen könnte, was richtig oder falsch, vorzeigbar für andere oder gar für den Kunstmarkt wertvoll oder wertlos ist. Denn die Malerei ist und tut viel zu gut, um nur Kunst zu sein.
Hier geht es um dich, die Außenwirkung und Erwartung anderer verlassen zu können und ins Erleben einzutauchen zu können, dich in deiner Spur auszudrücken, als Mensch, als Persönlichkeit in all deiner Malfreude. Ohne Publikum und Applaus, ohne Kritik, Lob oder Zweifel ausschließlich malen mit der Unterstützung deines Impulses und Ausdruckes. Dabei bleibt deine Malerei inhaltlich deins und wird nicht von anderen kommentiert oder interpretiert.
Dein Ausdruck in all seiner Selbstverständlichkeit wird respektiert und getragen von allen anderen Teilnehmern in diesem Setting, wo in aller Leichtigkeit und doch Ernsthaftigkeit mit dem Pinsel spielerisch ausprobiert, verworfen, wieder aufgegriffen, wiederholt und erforscht werden kann. Je unterschiedlicher die Teilnehmer in der Gruppe vom Alter und ihrem Hintergrund sind, desto bereichernder ist es ganz subtil für jeden einzelnen in seinem Malspiel.
Die von Arno Stern entdeckte Formulation ist dabei immer an deiner Seite. Du kannst darauf vertrauen, weil sie jedem gegeben ist und sie lässt dich in deiner Malerei Mensch sein, ob 4 Jahre alt oder 99. Sie ist elementar. Einlassen auf dich, deiner Malfreude ganz im Hier und Jetzt, auf Intuition, auf den Verlauf, Spuren zu hinterlassen, auf Farben und ihren vielfältigen Nuancen, auf Kontraste und Gegensätze und auf all das, was dich in deiner Mal-Geste spontan bewegt und dabei entsteht - ob abstrakt, figurativ, darstellend - auf jeden Fall genussvoll und sinnlich in gutem und ungestörtem Kontakt mit dir selbst und unterstützt von mir.
So treffen auch Pinas Worte „Und dabei geht es immer wieder auch um das, was nicht Kunst ist, was aber Kunst werden kann“ auch hierbei zu. Das eine Mal dominiert die Absichtslosigkeit oder spontan etwas Konkretes, das andere Mal etwas Abstraktes oder wandelt sich von einem ins andere oder umgekehrt. Es geschieht spielerisch aus dem Moment und aus dem spontanen Bedürfnis heraus.
Kunst /Künstlerischer Prozess ?
– vielleicht – vielleicht auch nicht
– mal ja – mal nein
Das Malen im FlowProject ist ein Angebot für jeden geworden, der seiner Mal- und Ausdrucksfreude (auch ohne Vorkenntnisse) als Projekt möglichst barrierefrei nachgehen und seinen Ausdruck im Flow bewertungsfrei entdecken möchte. Hier gibt es eine Kultur jenseits von richtig und falsch, in der sich offen, respektvoll und gleichwürdig begegnet wird und die Vielfalt als Bereicherung und Authentizität geschätzt wird.
Kunst oder nicht Kunst?
Diese Frage stelle ich hier nicht.
Es ist Malerei, die für das Leben eine Ausdruck findet und belebt.
Um genau in diese Freiheit zu jedem Malspiel wieder und wieder gesichert eintauchen zu können, bleibt alles Gemalte, wenngleich für dich immer zugriffbar, zunächst im Atelier. Das Gemalte wird hier verstanden als gelebter persönlicher und spielerischer Moment – so wie der Tanz nur im Moment / in einem Zeitfenster der Verspieltheit getanzt und erlebt werden kann.
Solltest du deine Erfahrungen, was du ganz bei dir in deinem Ausdruck ungestört im Malspiel dabei entdeckt hast, künstlerisch in der Öffentlichkeit ausleben wollen, liegt es dir frei, dies woanders in einem anderen Rahmen als dem Malspiel zu tun.
Das, was du dafür aus dem Malspiel an authentischem Ausdruck dafür mitnimmst, steht dir auf jedem Fall dann zur Verfügung.